Flüchtlinge aus Eritrea: ein Hintergrundbericht

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Im letzten November (2014) wurden unserer kleinen Ortschaft (2000 Einwohner) 11 Flüchtlinge aus Eritrea "zugewiesen". Sie wohnen in einem Haus mit einem Bad für alle, jeder hat ein Bett, einen Stuhl, einen Schrank. Kein Luxusquartier. Von Anfang an besuchen sie freiwillig am Vormittag einen Deutschkurs.
Bevor die jungen Männer kamen wurden die unmittelbaren Nachbarn zu einem Gespräch eingeladen und informiert. Eine gute und einfühlsame Vorgehensweise. Bei einem weiteren Treffen wurden die Neuankömmlinge persönlich vorgestellt. Einige erzählten die jahrelange Odyssee die hinter ihnen liegt. Landsleute aus der Region brachten etwas zum Essen mit. Die meisten der jungen Männer, sind vor dem Militärregime auf der Flucht und meist mit dem Boot über Italien gekommen. Oft sind sie traumatisiert.
Als Juristin interessierten mich die rechtlichen Hintergründe und die Frage nach den Chancen der jungen Leute hier Asyl zu bekommen. Eine Abschiebung in die Heimat ist i.d.R. nicht möglich, aber viele werden aufgrund der Dublin III VO in das Land zurückgeschickt, durch das Sie nach Europa eingereist sind. Bei anderen wird nur ein vereinfachtes Verfahren angewandt (Fragebogen). Mit Unterstützung einer Asylberatungsstelle können wir oft beim Ausfüllen von Formularen u.ä. helfen.
1993 erlangte Eritrea die Unabhängigkeit. Der Rebellenführer von einst ist heute Staatschef des Landes. Er regiert mit diktatorischen Mitteln und hat das Land völlig isoliert. Es herrscht vielfach Rechtlosigkeit. Von ca. 2,7 Mill. Einwohnern sind (2011) ca. 250 000 auf der Flucht (aus Welt-almanch).
In den neunziger Jahren hatten wir eritreische Nachbarn. Micael (der Vater) setzt sich bis heute sehr für seine Landsleute ein, übersetzt wo es nötig ist und knüpft die Kontakte.
Die Ortschaft reagierte bisher positiv auf die Neuankömmlinge, es wurden Kleider, Decken, Gardinen, Fernseher und vor allem Fahrräder (!) gestiftet. Die neuen Mitbürger sind sehr dankbar. Sie helfen dafür mit beim Einsammeln und Zerlegen der Weihnachtsbäume (eine Aktion der Pfadfinder).
In der letzten Woche waren wir in Landestheater. Ein Theater "ohne Worte" kann auch sehr unterhaltsam sein... ein Stück bei dem keine Deutschkenntnisse von Nöten waren. (vom Asylzentrum organisiert)

Weitere Hintergrundinformation:
Es gibt inzwischen eine Zweigstelle von "Refugio" in Tübingen - eine
Beratungsstelle für traumatisierte Flüchtlinge. Hauptstelle ist Stuttgart.

Regina-Maria S.