Workshop Migration und Flüchlinge

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Workshop beim Kongress der Neuen Gesellschaft in Rom Anfang 2015 mit 15 Teilnehmern aus Deutschland und der Schweiz

Fragestellung: In unserer Stadt kommen Flüchtlinge an. Es gibt Stimmen, die sich um die Sicherheit in der Stadt sorgen, andere propagieren integrative Maßnahmen. Was sagen wir dazu, wie erleben wir die Situation in unserer Stadt / in unserem Land.

Zusammenfassung unserer Diskussion / Erfahrungen:

In der Bevölkerung sind Ängste und Unsicherheit weit verbreitet, die von einigen politischen Parteien verstärkt werden. Es besteht wenig Kenntnisse über und Interesse an der Situation der Flüchtlinge, woher sie kommen und warum sie geflüchtet sind.

Die Menschen müssen sich bewusst werden, dass der Aufenthalt von vielen Flüchtlingen in unserem Land für länger angelegt ist. Sie können nie mehr zurückkehren.

Wie reagiere ich auf Personen mit Angst vor Flüchtlingen? Sie direkt fragen, was sie denn brauchen, welche Probleme sie haben.

Wenn die Ankunft von Flüchtlingen in einer Gemeinde angekündigt wird, werden manchmal Stimmen laut, die eine Sorge um die Sicherheit der Bevölkerung ausdrücken. Diese Ängste werden von einigen politischen Parteien aufgegriffen und für ihre eigene Propaganda genutzt.

Auf der anderen Seite werden unzählige positive Erfahrungen gemacht, und zwar immer dann, wenn sich die Menschen auf ihre neuen Mitbürger einlassen. Im persönlichen Kontakt erfahren sie die Freundlichkeit, Dankbarkeit und Großzügigkeit der Flüchtlinge. Besonderes Zeichen: Einladung zum Essen, Beginn einer Deutsch-Stunde mit einem Cappuccino.

Beispiel Schweiz: Jeden Mittwoch Nachmittag gibt es eine Begegnungsmöglichkeit zwischen Bevölkerung und Flüchtlingen mit Begleitung durch je einen Vertreter der lutherischen und der katholischen Kirche.

Helfen, aber so wie die Flüchtlingen es brauchen und wünschen. Beispiel: Flüchtlinge hatten um eine Mitfahrgelegenheit im Auto zu einem nahen Markt gebeten. Die angefragt Person war entrüstet, weil sie die Entfernung von 1 km niemals selbst im Auto zurücklegt (um die Umwelt zu schonen). Für die Flüchtlinge war es aber wohl selbstverständlich, ein Auto zu verwenden, wenn dieses zur Verfügung steht.

Eine andere "Entgleisung": Die ehrenamtlichen Helfer engagieren sich im Nachbarort, weil dort das Engagement aus Spenden bezahlt wird.

Fachkräfte werden in Wirtschaft und Gesellschaft dringend gesucht. Viele Unternehmer und politisch Verantwortliche sagen deutlich: Flüchtlinge sind ein Segen. Gesetze und Verordnungen müssen angepasst werden, damit Flüchtlinge eher arbeiten können. Über das Asylgesuch muss schneller entschieden werden. Beispiel Berlin: 300 Mitarbeiter zusätzlich eingestellt.

Minderjährige Flüchtlingen sind sehr bildungshungrig und kommen mit der deutschen Auswertung gut zurecht. Kriminell wird man dann, wenn man keine Perspektive hat.

In den letzten Tagen einige positive Beispiele in den Medien / Fernsehen sogar im 1. deutschen Fernsehen zur besten Sendezeit: Flüchtling wird Putzkraft, macht eigenen Betrieb auf und beschäftigt mittlerweile 60 Personen.

Gewalt geht häufig vom Sicherheitspersonal aus, die die Wohnheime beschützen sollen.

Es gibt deutlich mehr Gewalt gegen Flüchtlinge als solche, in denen Flüchtlinge als Aggressor auftreten (Faktor 10 - 15, so eine Statistik).

Schwierige Situation dort, wo viele Personen auf engem Raum untergebracht werden, womöglich unter Missachtung kultureller und religiöser Unterschiede. Negative Beispiele: 300 Männer sind in einer Schule untergebracht, Containerdörfer -> Gewalt unter ihnen steigt.

Die Bevölkerung hat sich als sehr großzügig erwiesen. Wenn es Bedarf gab und dieser mitgeteilt wurde, kam in kurzer Zeit mehr als das benötigte zusammen.

Die Zusammenarbeit zwischen unterschiedlichen Initiativen, die sich um Flüchtlinge kümmern, klappt gut.

Vor alle Sprachangebote funktionieren gut. Sie bieten Beschäftigung für die Flüchtlinge, sind für sie nützlich.

Fremdenfeindlichkeit ist am größten, wo es wenig Ausländer hat.

Erschreckend: Vor allem Deutsche, die selbst den Krieg und Vertreibung erfahren haben, tun sich heute mit Flüchtlingen schwer und fürchten um ihren Wohlstand. Häufige Wortmeldungen: "Wir hatten damals auch keine Unterstützung und mussten uns alles selbst erarbeiten."

Die Flüchtlinge wünschen sich Interesse für ihre Situation und Nachfragen: Was hast du erlebt? Stattdessen fragen die praktisch veranlagten: Wie geht's weiter?

Sicherheitsbedenken sind absurd: Die Flüchtlinge haben selbst häufig Gewalt erlebt, oft war sie die Ursache ihrer Flucht. Sie werden in dem Land, in dem sie sicher sind, nicht von sich aus Gewalt ausüben.

Wichtig ist es, die Bevölkerung auf die Ankunft der Flüchtlinge vorzubereiten. Sehr gutes Beispiel in der Stadt Mülheim: Woche der Brüderlichkeit mit Filmen, Diskussionsveranstaltungen u.v.m. vor (!) Ankunft der Flüchtlinge.

Optimal ist es, wenn die Flüchtlinge in die Gesellschaft eingebunden werden, wenn sie etwas beitragen können z.B. ein Fest mit Essen aus den Heimatländern.

Wer merkt, dass er etwas beitragen kann, dass er etwas leisten kann z.B. auf dem Arbeitsmarkt, der findet sich bestätigt, dann hat er Mut, sich auszutauschen und selbst auf andere zuzugehen.

Wichtig ist, die Leute mit reinzunehmen, und das muss schnell gehen. Wir müssen Druck machen auf die Verwaltungen in allen Ebenen.

Aktion der Caritas in der Schweiz: "24 h Flüchtling". Jugendliche wurden eingeladen, für 24 Stunden das Leben eines Flüchtlings erfahren. Nur mit dem, was sie gerade anhatten, mussten sie durch die Stadt und die Natur flüchten, wurden von der Polizei verfolgt und kontrolliert, am Schlafen gestört, das alles in der Kälte der Vorweihnachtszeit. Diese Erfahrung hautnah hat die Jugendlichen nachhaltig geprägt.

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